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08.03.2016, Thomas Händel

Was ist ein AAA-Rating im sozialen Bereich?

Fragen an die EU-Kommission und Aussprache über Europas zukünftige Sozialpolitik

MdEP, Thomas Händel, DIE LINKE: Wie will die Kommission ein soziales AAA-Rating schaffen?

Die Sozialpolitik in Europa braucht dringend ein "Triple A", das ist unzweifelhaft und offenbar auch bei der Europäischen Kommission angekommen. Jeder weiß: Wir verharren immer noch auf einer sehr hohen Arbeitslosigkeit, wenn sie auch leicht sinkt. Aber dies ist nur die offiziell registrierte Zahl an Arbeitslosen. Wir haben eine völlig inakzeptable Rate an Jugendarbeitslosigkeit und zwar nicht nur in den sogenannten Krisenstaaten. Ein Viertel der Bevölkerung lebt an oder unterhalb der OECD-Armutsgrenze. Und wir jubeln manchmal über neu entstehende Arbeitsplätze, aber es sind in der Mehrheit prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die entstehen, wo Menschen arm in Arbeit sind.

Das alles, so scheint es, hat die Kommission kapiert und macht nun eine Initiative zu einem sogenannten Triple A in der Sozialpolitik. Im Oktober 2014 hat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer Rede vor dem Europäischen Parlament dieses Projekt ehrgeizig angekündigt. Selbst der Fünf-Präsidenten-Bericht zur Vollendung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion will den Fokus stärken auf Beschäftigung und Soziales. Der EPSCO-Ausschuss – das Gremium der Minister für Beschäftigung und Soziales der Europäischen Union – hat die Schlussfolgerung zu einer "Vision für ein soziales Triple-A-Rating für Europa definiert, ich zitiere: "Sozialpolitik soll ihr volles Potenzial nutzen und soziale und beschäftigungspolitische Herausforderungen für die Erreichung der gemeinsamen Sozial- und Beschäftigungsziele in der Europa-2020-Strategie" angehen."

Wir erkennen an: Es gibt keine einfachen Lösungen und keine Generallösung.

Aber seit ihrer ersten Ankündigung im Herbst 2014 hat die Kommission aber noch nicht geliefert: Es gibt keine konkrete und strukturierte Information über die Fortschritte eines sozialen Triple-A.

Nun gibt es seit heute eine Kommunikation seitens der Kommission. Aber, liebe Frau Kommissarin Thyssen, aus dieser strukturierten Information werde ich auch nicht schlau. Es fehlt viel, sie enthält Allgemeinplätze, die jeder von uns im Parlament unterschreiben könnte. Aber es gibt keine klare Ansage, was denn nun passieren soll.

1. Wie definiert Kommission ein soziales Triple-A für Europa?

2. Wie sind die konkreten Details über das Konzept, Komponenten und Ziele?

3. Was sind bestehende u. neue Mechanismen, Verfahren, Indikatoren und messbare Schritte innerhalb und außerhalb des Europäischen Semesters?

4. Wie werden diese Instrumente eingesetzt werden?

5. Wie ist der detaillierte Zeitplan der Kommission für ein soziales Triple-A?

6. Wie soll eine bessere soziale Konvergenz auf der Grundlage gemeinsamer High-Level-Standards gefördert werden?

Damit bin ich noch nicht am Ende meines Fragenkatalogs meines Ausschusses. Welche Reformen und Gesetze will die Kommission auf EU- und nationaler Ebene fördern? Wie sollen Fortschritte in diese Richtung überprüft werden? Will die Kommission ein soziales Triple-A-Rating für die ganze EU, nicht nur für die Wirtschafts- und Währungsunion? Wollen wir ein Kern- und ein Rand-Europa schaffen, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten im sozialen Bereich?

Die soziale Situation in Europa ist die Schlüsselfrage für ein gemeinsames, ein solidarisches Europa. Wir haben nicht Zeit bis März 2017, haben wir nicht die Zeit, erst ein Weißbuch abzuwarten. Es braucht jetzt dringend klare Schritte in Richtung eines stärkeren sozialen Europa.