Menu X
06.06.2014, Thomas Händel

Händel's Woche

Woche 23 - 2014

Manche Nachrichten huschen zu schnell durch die Medien. Einige verdienen es noch einmal aufgerufen zu werden. So auch der Sonderbericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) am Dienstag veröffentlicht unter dem Titel "Weltbericht zur sozialen Sicherung 2014/2015". Demnach ist die Verwirklichung des grundlegenden Menschenrechts auf soziale Sicherheit für den größten Teil der Weltbevölkerung immer noch kaum mehr als ein Traum. Das ist nun nicht wirklich neu.

Aber der O-Ton:

"Besonders beachtenswert sind die entgegengesetzten Tendenzen in reicheren und ärmeren Ländern: Während viele Länder mit hohem Einkommen ihre sozialen Sicherungssysteme beschneiden, weiten viele Entwicklungsländer sie aus.

Länder mit hohem Einkommen haben eine Reihe von Sozialleistungen verringert und den Zugang zu staatlichen Leistungen beschränkt. Zusammen mit anhaltender Arbeitslosigkeit, niedrigeren Löhnen und höheren Steuern haben diese Maßnahmen zu mehr Armut und sozialer Ausgrenzung geführt, wovon in der Europäischen Union jetzt 123 Millionen Menschen betroffen sind, 24 Prozent der Bevölkerung, viele von ihnen Kinder, Frauen, Ältere und Personen mit Behinderungen. Mehrere europäische Gerichte haben die Kürzungen als nicht verfassungsgemäß eingestuft.

Die Kosten der Anpassung wurden an Bevölkerungen weitergegeben, die seit mehr als fünf Jahren weniger Arbeitsplätze und niedrigere Einkommen verkraften müssen. Niedrigere Haushaltseinkommen haben geringeren inländischen Konsum und weniger Nachfrage zur Folge, was die wirtschaftliche Erholung verlangsamt.

Die Errungenschaften des Europäischen Sozialmodells, das in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Armut drastisch verringerte und den Wohlstand förderte, wurden durch kurzfristige Anpassungsreformen untergraben."

*

Einen zweiten Bericht der ILO unter dem Titel "World of Work 2014: Developing with Jobs" hat man in den Medien tunlichst -meist- nicht zur Kenntnis genommen.

Er belegt erstmals (amtlich; der Verf.), dass Investition in gute Arbeitsplätze, Abbau unsicherer Beschäftigung und die Verringerung der Zahl der „Arbeitenden Armen“ zu höherem Wirtschaftswachstum führt.

„Entwicklung passiert nicht von allein durch Exporte, freien Handel und ausländische Direktinvestitionen“, sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder. „Soziale Sicherheit, Respektierung der Kernarbeitsnormen und eine beschäftigungsfördernde Politik sind entscheidend für die Schaffung guter Arbeitsplätze, die den Lebensstandard, die Binnennachfrage und das allgemeine Wachstum erhöhen.

Menschenwürdige Arbeit für Frauen und Männer schafft Entwicklung und reduziert Armut.

Der ILO-Bericht nennt Beispiele: Senegal hat mit der Schaffung von qualitätsvollen Arbeitsplätzen das Wachstum gesteigert, die Lohnquote wuchs von 12 Prozent im Jahr 1991 auf 26 Prozent im Jahr 2013. Der Anteil der „Arbeitenden Armen“ verringerte sich im gleichen Zeitraum um 34 Prozentpunkte, während die Produktivität um durchschnittlich 0,5 Prozent jährlich anstieg.

In Peru ist der Anteil der Lohnquote um geschätzte 15 Prozentpunkte erhöht worden, von 34 Prozent 1991 auf 49 Prozent im Jahr 2013. Im gleichen Zeitraum wuchs die Produktivität im Schnitt um 1,8 Prozent pro Jahr, der Anteil der „Arbeitenden Armen“ sank um 23 Prozentpunkte.

In Vietnam stieg die Lohnquote um 22 Prozentpunkte, verbunden mit einer erheblichen Abnahme der „Arbeitenden Armen“ um ein Drittel von 1991 bis 2013; die Produktivität wuchs rasant.

Für ILO-Direktor Raymond Torres ist es entscheidend, "menschenwürdige Arbeit für Alle als Ziel in die Entwicklungsagenda nach 2015 zu setzen." Für uns auch.

Dem ist nichts hinzuzufügen - aber zitieren muß man's so oft wie möglich!

EuerThomas Händel