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10.08.2015, Thomas Händel

FAQ „Grexit – Rückkehr zur Drachme“?

11 Fragen und Antworten

Die griechische Regierung hat den Grexit – das Ausscheiden aus der Euro-Zone – mit Mühe verhindern können, indem sie sich mit den Euro-Staaten auf Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm geeinigt hat. Die Empörung innerhalb der deutschen und europäischen Linken über die beinharte neoliberale Sanierungskonzeption und den erpresserischen Druck auf die griechische Linksregierung ist groß. Wäre der Grexit nicht der bessere Weg gewesen?

1. Hat Tsipras kapituliert?

Das Ergebnis des Euro-Gipfels ist durchaus durch Erpressung zustande gekommen. Alexis Tsipras hat dies mehrfach betont. Sie setzt die neoliberale Austeritätspolitik fort und beschneidet die Souveränität der griechischen Regierung und des Parlaments. Tsipras formuliert seine inhaltliche Distanz deutlich: „Ich übernehme die Verantwortung für einen Text, an den ich nicht glaube, aber den ich unterzeichnet habe, um ein Desaster für das Land zu vermeiden.“ Es sei ein „schmerzhafter Kompromiss, sowohl auf der wirtschaftlichen als auch auf der politischen Ebene.“ Und: „Wir sahen uns mit einem Dilemma unter Gewaltandrohung konfrontiert.“ Die Zustimmung zu der Verein-barung beruhte auf der Einschätzung, dass die Alternative – der Grexit – noch schlim-mer und verheerender wäre als das Diktat vom 13. Juli.

2. Ist das Erreichte ein Kompromiss?

Nach Auffassung der Mehrheit von Syriza war die Zustimmung zur Vereinbarung bei aller Kritik notwendig. Wirtschaftsminister Stathakis argumentiert die Vereinbarung be-seitige die Gefahr des Grexit, sehe eine mildere Anpassung der öffentlichen Finanzen vor und enthalte ein neues langfristiges Kreditprogramm über 30 Jahre vom Euro-päischen Stabilitätsmechanismus (ESM), das die langfristigen Kredite vom Inter-nationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) ablöst. Es handele sich um eine Umstrukturierung der griechischen Schulden. Dies eröffne die Aussicht auf eine beträchtliche Entlastung der griechischen Schulden, wie sie der IWF seit einiger Zeit fordert. Obwohl viele der Maßnahmen, die die neue Vereinbarung vor-sieht, die Rezession verstärken könnten, dürfe man sie auf keinen Fall mit den Memo-randen 1 und 2 vergleichen, die Haushaltseinsparungen in Höhe von 15% des Brutto-inlandsprodukts sowie die Kürzung von Renten und Löhnen um 30 bis 40 Prozent vor-sahen. Stattdessen sehe dieses 3. Memorandum niedrigere Primärüberschüsse (des Staatshaushalts, Schuldendienst ausgenommen) vor. Der weitere Defizitabbau werde pro Jahr bei etwa einem Prozent des BIP liegen. Dennoch: es ist völlig offen, ob damit die Gefahr des Grexit wirklich vorüber ist.

Ministerpräsident Alexis Tsipras ist sich des Risikos bewusst: „Das Ergebnis ist sicher äußerst schwer umzusetzen, andererseits aber ist die Eurozone unbestritten an ihre Grenzen hinsichtlich ihrer Beharrungsfähigkeit und ihres Zusammenhalts gebracht worden. Die nächsten sechs Monate werden entscheidend sein, aber ebenso kritisch wird das Kräfteverhältnis sein, das in diesem Zeitraum aufgebaut werden kann. Gegenwärtig sind Schicksal und Strategie der Eurozone in Frage gestellt. Es gibt nun mehrere Möglichkeiten. Diejenigen, die gesagt haben „keinen einzigen Euro mehr“, haben letztendlich ihre Zustimmung nicht nur zu einem Euro, sondern zu 83 Mrd. Euro gegeben. So sind wir von 10,6 Mrd. für fünf Monate auf 83 Mrd. Euro für drei Jahre gekommen, mit der zusätzlich wichtigen Zusage einen Schuldennachlass betreffend, über den im November diskutiert werden soll. Das ist die Schlüsselfrage, die darüber entscheidet, ob Griechenland einen Weg beschreiten kann, der das Land aus der Krise führt.“

3. Wäre der Grexit nicht besser gewesen...?

Teile von Syriza und der europäischen Linken meinen: die Kapitulation vor den inter-nationalen Gläubigern war falsch. Die Regierung dürfe kein neues Memorandum unter-schreiben und dürfe keine Verpflichtungen eingehen, die ihr Programm außer Kraft setzen. Die Argumentation der Grexit-Befürworter lautet: „Athen erhält keine neuen Kredite und stellt alle Zahlungen ans Ausland ein. Finanziell ist das Land jetzt auf sich allein gestellt und muss eine eigene Währung einführen, da ihm die Euros ausgehen. Das ist verkraftbar, schließlich werden die Auslandsschulden nicht mehr bedient; zuletzt erzielte Griechenland einen Primärüberschuss. Die neue Währung wertet kräftig ab. Importe werden teuer, und das gibt der inländischen Produktion den dringend benö-tigten Schub. Griechenland wird auf einen Schlag billig, Kapital kehrt deshalb ins Land zurück. Internationale Hilfe, etwa bei der Versorgung mit zu importierenden Medika-menten, bleibt allerdings für eine Übergangszeit nötig. Wenn sich Griechenland dann nach zwei, drei Jahren berappelt hat, kommt ein Schuldenmoratorium mit Schulden-schnitt.“ Griechenland behielte damit den Rest seines Staatsvermögens, die weitere Privatisierung entfiele. Ein Ausstieg aus dem Euro erhalte die parlamentarisch-demo-kratische Souveränität.

Nötig sei ein koordinierter, umfassender Alternativplan, der nicht nur die (neue) natio-nale Währung vorsieht, sondern auch die Abschreibung des größeren Teils der Staats-schulden. Dazu gehört auch die Nationalisierung der Banken, die Besteuerung der hohen Gewinne und der großen Vermögen, die Kontrolle der systemischen Massen-medien, eine Diversifizierung der Energiequellen, multilaterale internationale Bezieh-ungen, Wirtschaftsabkommen innerhalb und außerhalb der EU, die Finanzierung von Entwicklungsplänen zum Wiederaufbau der Produktionsbasis des Landes und vor allem die Beendigung der Austerität und die Wiederherstellung der sozialen und Arbeiter-rechte, die von den Memoranden abgeschafft wurden. All das ist auch der Inhalt der programmatischen Aussagen der Syriza, die besagen, dass sie den Kampf in den Verhandlungen innerhalb der Eurozone führen wird – aber auch dass sie, sollte sie zur Fortsetzung der Memoranden erpresst werden, das Volk nicht innerhalb der Eurozone zugrunde gehen lassen werde (wörtlich: … nicht ausrotten wird).

Es gebe viele Studien, die nach wenigen Monaten eine Zunahme der Exporte, eine Abnahme der Importe, eine höhere Produktion im Primärsektor (Rohstoffe; Landwirt-schaft), eine explosionsartige Zunahme des Tourismus, die die notwendige Liquidität in der Wirtschaft, große öffentliche und private Investitionen sowie die Beschäftigung stärken.

4. Wäre die Rückkehr zur Drachme für Griechenland die bessere Lösung?

Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro bedeutet einen Währungswechsel. Der starke Euro würde in allen anderen Ländern erhalten bleiben. Die Drachme müsste schnell eingeführt werden, um einen Kapitalabfluss in Grenzen zu halten. Kapitalverkehrs-kontrollen würden weitergeführt. Die Währungsumstellung wäre mit einer massiven Abwertung verbunden. Die bestehenden Konten und das vorhandene Geld würden zu einem vorher bestimmten Wechselkurs umgestellt.

Aber die Finanzmärkte hätten vermutlich wenig Vertrauen in eine neue Drachme. Die massiv aufgewerteten Schulden könnten in Drachmen nicht getilgt werden. Die Wäh-rungsumstellung wäre mit Insolvenzen und der Einstellung der Bedienung von Aus-landskrediten verbunden. Denkbar wäre eine Umschuldung über den „Pariser Club“ – ein informelles Gremium, in dem staatliche Gläubiger zu Verhandlungen über Schuldenerlasse zusammenkommen. Eine Schlüsselrolle dabei hätte allerdings der IWF. Hilfe wird auch dort nur gewährt, wenn IWF-Programme erfolgreich umgesetzt werden. Das aber bedeutet Reformen nach Art der bisherigen Memorandenpolitik – Griechenland wäre also keinen Schritt weiter als heute, aber noch um einiges ärmer. Zwar könnten mögliche Verhandlungen zu einem international anerkannten „haircut“ enden. Der Zugang zum Kredit- und Kapitalmarkt für öffentliche Institutionen und für pri-vate Unternehmen wäre extrem schwierig und mit hohen Zinsforderungen verbunden.

Griechenland könnte bei einem Austritt aus der Eurozone zwar eine Umschuldung erzwingen. Aber die 110 bis 115 Mrd. Euro, die sich die griechische Zentralbank über ELA-Notkredite beschaffen hat, bleiben in der Hand griechischer Banken oder Privat-leute. Wenn Griechenland austritt, kommt man an dieses Geld nicht mehr heran. Bei der Verstaatlichung der unterkapitalisierten griechischen Banken müssten Unter-nehmen und Sparer herangezogen werden („bail-in“) Die Vorstellung mit einer Verstaat-lichung alle innergriechischen Schieflagen zu beseitigen sind illusionär.

5. Aber die Exporte würden doch steigen?

Waren und touristische Dienstleistungen würden zwar preiswerter. Aber von Oliven, Feta und Tourismus alleine kann Griechenland nicht leben, selbst wenn sie um 50% billiger würden. Der Export der griechischen Volkswirtschaft ist traditionell gering. Grie-chenland ist kein klassisches Exportland wie z.B. Deutschland. Dagegen hängen 75% der Konjunktur von der Kaufkraft der Menschen im griechischen Binnenmarkt ab.

Die Exporte sind auch seit dem EU-Beitritt 1981 nur schwach gewachsen. Mit einem Anteil der Warenexporte von rund 17% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) findet sich Grie-chenland weiterhin auf dem drittletzten Platz unter den EU-Ländern.

Das Griechenland in kurzer Frist seine Krise mit Exportwachstum überwinden kann, ist nicht zu erwarten. Nicht einmal die Lohnkürzungen von durchschnittlich 40% in den letzten fünf Jahren haben die griechischen Exporte wenigstens ein bisschen ange-kurbelt, obwohl es in der neoliberalen Ideologie schulmäßig so hätte sein müssen. Die Lohnstückkosten sind von 2011 bis 2014 um fast 13% gesunken, die Exporte gingen sogar noch um 3% zurück. Eine schnelle Ausweitung der Exporte aufgrund einer weiteren Verbilligung griechischer Waren durch eine neuen Drachme ist unwahr-scheinlich. Ohne eine Investitionsoffensive wird es keinen Exportboom geben können.

6. Und was passiert mit den Importen?

Importe würden voraussichtlich um das Doppelte teurer. Griechenland importiert 48% seiner Lebensmittel und 82% seiner Energie. Das betrifft auch Produkte, die in Grie-chenland selbst nicht oder kaum produziert werden wie z.B. Maschinen, Fahrzeuge, IT-Technik u.a. Eine dringend nötige Modernisierung der griechischen Industrie und damit die Schaffung neuer Arbeitsplätze in diesem Sektor wären so gut wie nicht finanzierbar. Aufgrund der mangelnden zahlungsfähigen Nachfrage wird die Verteuerung dieser Waren zu einem Rückgang im Inland führen. Statt die Zahlungsbilanz durch Exporte zu sanieren, würden steigende Importpreise das Defizit nur noch vertiefen. Bei der hohen Importquote Griechenlands droht eine (importierte) Hyperinflation und damit eine weitere Minderung der Realeinkommen, die weitere Schwächung der Binnenwirtschaft und steigende Arbeitslosenzahlen.

7. ...aber die Schulden könnten sie doch streichen?

Mit einem Grexit wären die Schulden Griechenlands nicht gemindert. Kein Gläubiger der Welt würde die Schulden Griechenlands nun in Drachmen umrechnen, also halbie-ren. Damit würde sich der Schuldenstand aber verdoppeln: nicht mehr 180% sondern 360%. Die Chancen, sich auf den Finanzmärkten dann Geld zu leihen, wären selbst zu horrenden Zinssätzen bescheiden.

Ein Schuldenschnitt würde dieses Problem womöglich lösen Ein solcher Schritt wäre aber von Griechenland einseitig nicht leicht durchzusetzen. Aber auch danach wäre das Land auf Kapital aus dem Ausland angewiesen, um die Infrastruktur aufzubauen und zu modernisieren. Nach einem Schuldenschnitt wären die internationale Geldgeber im Umgang mit Griechenland aber sehr zurückhaltend. Frisches Geld zur Wiederher-stellung des öffentlichen Kapitalstocks und zur Erneuerung des Produktionspotenzials würde es auf längere Zeit nicht geben.

Noch dramatischer für eine wirtschaftliche Erholung wäre die Schuldensituation besonders für die im Im- und Export tätigen Unternehmen. Auch sie würde sich prozen-tual verdoppeln. Damit würde die Kreditwürdigkeit der Unternehmen aber auch die Beziehungen zu Zulieferern und Abnehmern extrem beeinträchtigt. Die Finanzierung von Investitionen und Warenlieferungen wären erschwert bzw. unmöglich. Wer will schon mit hochverschuldeten Unternehmen Geschäfte machen, denen täglich die Pleite droht? Selbst für die Unternehmen, die unter diesen Bedingungen noch überleben, wür-den die realen Kreditzinsen sofort wieder in den zweistelligen Bereich gehen. Zusätzlich wären teure Versicherungen zur Währungsabsicherung notwendig.

Nur auf der Basis eines langfristigen Schuldenmanagements lässt sich finanzieller Spielraum für den Aufbau der Infrastruktur und die Stärkung der Wirtschaft mit „frischem Geld“ gewinnen.

8. Aber den Menschen ginge es ohne die Sparpolitik doch besser?

Die „Rückkehr zur Drachme“ hätte für die Menschen in Griechenland verheerende Folgen. Nicht nur die Löhne und Renten würden noch einmal drastisch gekürzt, auch die Sparguthaben würden halbiert. Nach Lohnkürzungen von rund 40% und Renten-kürzungen von rund 44% in den letzten fünf Jahren stellt sich die Frage: wovon sollen die Menschen dann leben? Der Zusammenbruch des Rentensystems und der sozialen Sicherungssysteme u.a. wäre unabwendbar, wie das Beispiel Argentinien zeigt. Umfas-sende Sozialprogramme aus Europa wären nötig, um die schlimmsten humanitären Folgen zu lindern. Experten halten diesen Weg für erheblich teurer als zum Beispiel eine Umschuldung oder die Entlastung Griechenlands von Zinsen und Tilgungsraten. Und ein Investitionsprogramm in einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung sind solche Hilfsprogramme auch nicht.

9. Könnten die Finanzmärkte dann Griechenland nichts mehr anhaben?

Kleine und schwache Währungen haben kaum Chancen sich gegen die Spekulation der Finanzmärkte zu wehren. Um eine Währung vor Abwertung und spekulativen Attacken zu schützen, braucht man umfangreiche Devisenreserven. Diese hat Griechenland als Land mit langanhaltenden hohen Leistungsbilanzdefiziten nicht. Die griechische Zentral-bank wäre also nicht in der Lage spekulative Angriffe auf eine neue Drachme abzuwehren.

Selbst Deutschland und Großbritannien konnten sich in den 1990er Jahren gegen Spekulationen gegen D-Mark und Pfund nur mit Mühe wehren, den Zusammenbruch des damaligen europäischen Währungssystems EWS aber nicht verhindern. Heute ist die Macht der Finanzmärkte nach 40 Jahren anhaltender Umverteilung von unten nach oben um ein Vielfaches größer. Täglich werden 13 Billionen Euro an spekulativen Gel-dern weltweit gehandelt. Nur rund 1,5% davon dienen der Finanzierung von realen Produktions-, Handels-, oder Dienstleistungsgeschäften. Griechenland wäre auf Jahre dem Diktat der Finanzmärkte unterworfen.

10. ...aber die Souveränität Griechenlands bliebe erhalten...!?

Richtig ist: Griechenland wurde entmündigt, ist de facto kein selbständiger Staat mehr. Ausländer – insbesondere die deutsche Regierung – bestimmen künftig alles. Griechen-land muss mit eingeschränkter Souveränität den Rekonstruktionsprozess durchkämp-fen. Wie sähe es aber um die Souveränität Griechenlands außerhalb der Eurozone und der EU aus? Manche hoffen auf chinesische oder russische Gelder. Aber wäre das ein Gewinn an Souveränität? Ein Grexit würde die Kapitulation vor den realen Märkte bedeuten. Die Marktkräfte und Finanzmärkte würden dem Land einen noch brutaleren Sparkurs verordnen.

11. Gibt das 3. Memorandum denn irgendeine Chance?

Alexis Tsipras: „Wenn einige Leute nun meinen, dass sich der Klassenkampf linear entwickelt, dass er mit einer einzigen Wahl gewonnen werden kann und nicht ständigen Kampf erfordert, sowohl innerhalb der Regierung als auch in der Opposition, sollen sie uns das bitte erklären und Beispiele nennen, wie das geht. Wir stehen vor der gänzlich neuen Erfahrung einer radikal linken Regierung innerhalb eines neoliberalen Europa. Wir können aber aus linken Regierungserfahrungen früherer Perioden lernen und wissen, dass Wahlen zu gewinnen nicht bedeutet, dass man von einem Tag auf den anderen Zugang zu den Schalthebeln der Macht bekommt. Den Kampf nur auf der Ebene der Regierung zu führen, ist nicht genug. Er muss auf dem Feld der sozialen Kämpfe ausgetragen werden.“

Dasist alles andere als eine Kapitulationserklärung. Es ist die Ankündigung, dass die Auseinandersetzung nach dem Rückschlag vom 13. Juli weitergeht – nicht nur in der Regierung, sondern auch auf dem sozialen Feld. Die offensichtlichen Probleme des Landes, zu denen auch ein verkrusteter Staatsapparat gehört, der jahrzehntelang von den früheren Regierungsparteien missbraucht wurde, um Günstlinge zu versorgen, oder die krasse soziale Ungleichheit, die das Land schon lange vor Einbruch der Krise plagte, werden sich nur in Griechenland lösen lassen. Dieser Kampf um die Erneuerung des Landes muss das zentrale Projekt der griechischen Linken bleiben – ein Austritt aus dem Euro mag radikal erscheinen, weil er Protest gegen die Machthaber in der EU zum Ausdruck bringt. Die Probleme der griechischen Bevölkerung löst er nicht.

Welche Spielräume unter den Bedingungen des 3. Memorandums erkämpft und erweitert werden können, ist eine Frage der politischen Auseinandersetzung und Kräfte-verhältnisse sowohl in Griechenland selbst als auch auf der europäischen Ebene. Ob die Chance zu einer Wiederbelebung der griechischen Wirtschaft besteht, hängt ent-scheidend davon ab, ob die restriktiven Effekte des 3. Memorandums begrenzt und die Investitionen in moderne Strukturen gestärkt werden können. Ob der geplante Treu-handfonds zum Ausverkauf öffentlichen Eigentums führt, oder ob er – wie gefordert – ein „Fonds für öffentliche Investitionen“, vergleichbar mit den Staatsfonds in Norwegen oder Australien sein wird, entscheidet sich in den weiteren Verhandlungen.

Syriza in dieser Auseinandersetzung zur Erweiterung der politischen und gesell-schaftlichen Spielräume zu unterstützen, muss die Aufgabe der deutschen und europä-ischen Linken sein.