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08.12.2009

Es geht um Menschen, nicht um Autos - die OPEL Story

General Motors hat sich entschieden, Opel nun doch nicht an Magna zu verkaufen. In einer ersten Welle hat GM schon 25.000 Beschäftigte entlassen und 14 Fabriken dichtgemacht. Nun sei es nicht mehr nötig, Opel-Europe abzustoßen. GM könne Opel sanieren, wenn mindestens nochmals 10.000 Arbeitsplätze abgebaut und europäische Werke geschlossen würden.

Antwerpen und Bochum werden als »veraltet« abgeschrieben, Eisenach stillgelegt, Luton bei London gilt als Kandidat für eine Schließung und in Polen und Spanien grassiert ebenfalls die Angst. GM scheint die Unternehmenspolitik fortzusetzen, die bereits in den vergangenen 20 Jahren zum Niedergang des Konzerns geführt hat. Die technologischen Potenziale wurden nie wirklich genutzt, Opel wurde kaputtgespart. Neue Sprit sparendere Modelle kamen, wenn überhaupt, erst auf den Markt, wenn sie maximale Profite versprachen.

In einer monatelangen Hängepartie hat die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes eine unerträgliche Rolle gespielt. Regionale und nationale Initiativen zur Standortund Beschäftigungssicherung wurden subtil hintertrieben. Sie seien »kaum mit den Binnenmarktregeln in Einklang zu bringen (und) dürften deshalb von Brüssel nicht akzeptiert« werden, hieß es mehrfach aus Brüssel.

Zweifellos bestehen in der Automobilindustrie weltweit Überkapazitäten von rund 30 Prozent. Die Automobilindustrie steckt in einer schweren, mehrfachen Krise: in der aktuellen Wirtschaftskrise, in einer Strukturkrise und in einer Strategiekrise. Dringend müssten Alternativen zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren entwickelt werden. Umweltbelastungen durch gesteigerte Mobilität und Verfügbarkeit von fossilen Brennstoffen sind riesige Herausforderungen, vor der die Gesellschaft aktuell steht.

Deshalb wäre ein verbindlicher europäischer Branchenrat zur »Zukunft der Mobilität« mit Politik, Unternehmen, Gewerkschaften und Wissenschaft dringend nötig. Seine Aufgabe müsste es sein, Handlungsoptionen für den technischen Wandel zu entwickeln, politische Maßnahmen und flankierende Finanzmittel zu definieren und eine Abstimmung der betroffenen europäischen Regierungen zu erreichen.

Manche fordern nun die Verstaatlichung von Opel. Das kann im Rahmen des bestehenden Systems jedoch nicht die Lösung sein. Die weitere Unternehmensführung würde unter den gleichen neoliberalen Prämissen fortgesetzt und wäre damit alles andere als eine qualitative Verbesserung.

Nicht nur im Fall Opel ist es dagegen dringend nötig, künftige Staatshilfen nur gegen eine öffentliche Beteiligung an den jeweiligen Firmen zu gewähren. Staatliche Hilfen müssen an den Erhalt aller Standorte, denVerzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und eine klare Investitionsperspektive für die Werke gekoppelt werden. Auch das allein reicht noch nicht. Wenn, wie im Fall Opel, Belegschaften sich zumEinkommensverzicht zur Sanierung »ihres« Unternehmens genötigt sehen, darf dies nur gegen ein entsprechendes wirtschaftliches Mitbestimmungsrecht der Beschäftigten geschehen. Sie dagegen nur zulauter neuen Kleinaktionären zu machen, wäre der falsche Weg.

Eine verfasste Beteiligung der Belegschaften und ihrer Gewerkschaften wäre ein kleiner, aber qualitativer Schritt für eine bessere Mitbestimmung. Die Beteiligung von Umwelt- und Sozialverbänden, Kommunen und Ländern könnte ein weiterer Schritt für eine verstärkte gesellschaftliche Kontrolle sein.

Die Überkapazitäten der Automobilindustrie müssen in einem moderierten Prozess planmäßig für alle Standorte in neue Arbeit überführt werden. Das galt vor Jahren für die Stahlindustrie, das muss jetzt auch für Opel wie für die gesamte Automobilindustrie gelten.
Ein Manager sagte ganz unverblümt: »Ob Werke geschlossen werden oder ob es Stellenabbau gibt, hängt ganz entscheidend davon ab, wie viel Widerstand zu erwarten ist.« Deshalb braucht es den massiven Widerstand der Belegschaften und ihrer Gewerkschaften in ganz Europa – und unsere Unterstützung.


Dieser Artikel ist in der europaROT Ausgabe Dezember 2009 erschienen.
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