Menu X
13.12.2012, Thomas Händel

Solidarität statt Konkurrenz

Rede des Abgeordneten Thomas Händel zur Fragestunde an die Kommission in Sachen Wachstum in Europa

Thomas Händel

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren erleben wir eine gnadenlose Sparpolitik auf dem Rücken der Menschen. Das verursacht mittlerweile nicht nur in den betroffenen Staaten, sondern auch in anderen europäischen Mitgliedstaaten eine erhebliche rezessive Gefahr. Wir schlittern in eine Rezession, das ist auch der Tatsache geschuldet, dass man offensichtlich missachtet hat, dass volkswirtschaftlich gesehen Löhne- und Sozialeinkommen eben Kaufkraft sind, die Arbeitsplätze sichern und Arbeit schaffen und Steueraufkommen generieren. Das ist der wichtigste volkswirtschaftliche Faktor in unseren Mitgliedstaaten.

Nun scheint der Verdacht zu wachsen, dass Wachstum eben nicht alleine etwas richten kann, sondern dass man die Sparpolitik etwas zurückfahren muss. Wachstum ist mehr als nur eine schöne Seifenblase, die versprochen wird, sondern erfordert bestimmte Programme. Offensichtlich scheint man aber aus dem Zusammenhang nichts gelernt zu haben. Im letzten Arbeitsprogramm der Kommission für 2013 lese ich den schönen Satz: „Europa verfügt über Stärken, die ihm dank einer den Erfordernissen der Zeit angepassten sozialen Marktwirtschaft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können und ihm dabei helfen können, sich an die Spitze der neuen industriellen Revolution zu setzen.“

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das heißt nichts anderes als weiterer Sozialabbau für bessere Kapitalverwertungsbedingungen, höhere Profitraten und bessere internationale Konkurrenzbedingungen, mithin Umverteilung weiter im selben Tempo und in derselben Richtung, nämlich von unten nach oben.

Europa braucht aber stattdessen einen Zukunftsplan, der die Menschen mitnimmt, der gute Arbeit schafft, und zwar Arbeit, von der man eigenständig und armutsfrei leben kann. Das ist wichtig für die Zukunfts- und Lebenschancen der Menschen. Dazu gehört ein Abgehen vom Konkurrenz-Europa hin zu einem Solidar-Europa, ein ständiger Ausgleich von Handelsbilanzüberschüssen und -defiziten, unter anderem durch eine offensive Lohnpolitik. Dazu gehört eine gerechte Steuerpolitik, die auch die Reichen in Europa an der Bearbeitung der Lasten beteiligt und neue Perspektiven für Europa eröffnet, und dazu gehört eine offensive europäische Industriepolitik, die gute Arbeit schafft, zum Beispiel durch Klimaschutz und Energiewende und insbesondere in der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat dazu vor kurzem einen sehr gut gerechneten Marshallplan vorgelegt, den ich der Kommission sehr ans Herz lege, und dessen Lektüre ich auch diesem Parlament ans Herz lege. Sich an die Spitze der industriellen Revolution zu setzen, ist nur dann von Wert, wenn sie den Menschen eine bessere Zukunft beschert, und nicht, wenn sie nur einigen wenigen die Taschen füllt. Dazu müssen wir in diesem Parlament initiativ werden.