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30.01.2013, Frank Puskarev

Hintergrund: "Beipackzettel" für Kleinanleger

Basisinformationsblätter für Anlageprodukte 2012/0169 (COD)

Am 3. Juli 2012 legte die Kommission dem Rat und dem EP einen Vorschlag für Basisinformationsblätter für Anlageprodukte, bei uns vereinfachend Beipackzettel genannt, zur Entscheidung vor. Den Vorschlag begründet die Kommission u.a. wie folgt:

"Kleinanlegern wird zunehmend eine breite Palette verschiedener Arten von Anlageprodukten angeboten, wenn sie erwägen, eine Anlage zu tätigen. Diese Produkte bieten meist spezielle Anlagelösungen, die zwar auf die Bedürfnisse von Kleinanlegern zugeschnitten sind, häufig jedoch komplex und schwierig zu verstehen sind. Die Anlegerinformationen über solche Anlageprodukte sind nicht aufeinander abgestimmt und sind Kleinanlegern oft weder eine Hilfe für den Vergleich zwischen den verschiedenen Produkten noch für das Verständnis ihrer jeweiligen Merkmale. Daher haben Kleinanleger häufig Anlagen getätigt, die mit Risiken und Kosten verbunden waren, deren Tragweite sie nicht verstanden haben, und haben somit zuweilen unvorhergesehene Verluste hinnehmen müssen."

Mit dem Vorschlag möchte die Kommission mehr Transparenz herstellen und dem kleinanlegenden Verbraucher bessere Vergleichsmöglichkeiten schaffen. Dieses Vorhaben wird durch uns unterstützt. Allerdings springt die Kommission - wie so oft - viel zu kurz. So sieht sie erhebliche Ausnahmen vor, will den "Beipackzettel" also nur für sogenannte "verpackte" Anlageprodukte, also solche die keine direkte Investition oder Anlage (z. Bsp. das klassische Sparbuch oder die Staatsanleihe) sind, einführen.  Die Kommission verzichtet in ihrem Vorschlag darauf, auch Angaben zu den Vermittlergebühren und Kosten zu verlangen und stellt in der Frage der Haftung und entsprechenden Beweislast trotz des Versuchs der Beweislastverteilung für den Kleinanleger fast unüberwindbare Hürden auf. Nicht zuletzt vergisst die Kommission, zentrale Veröffentlichungsregister zu verlangen, um den Verbrauchern den Zugang zu den Informationsblättern zu vereinfachen.

Der Vorschlag der Kommission wird federführend im ECON und mitberatend u.a. im IMCO beraten, weswegen wir uns an dieser Stelle auf die Berichte resp. Stellungnahmen aus diesen beiden "unseren" Ausschüsse beschränken. Berichterstatter sind im ECON Pervenche Beres (S&D) und im IMCO Antonio Panzeri (S&D).

Beide Berichterstatter machen sinnvolle Verbesserungsvorschläge, die von uns unterstützt werden können. So sehen beide - in unterschiedlichem Masse - die Reichweite der Richtlinie als nicht weitgehend genug an, schlagen verschiedene Verbesserungen bei der Formulierung der Inhalte vor und sind ebenfalls der Meinung, dass Vermittlerkosten zu den anzugebenden Kosten hinzugenommen werden müssen.

Unterschiedliche Meinungen vertreten beide vor allem in Sachen der Verantwortlichkeit und der Haftung. Beide sind in unterschiedlichem Ausmaß der Ansicht, dass neben dem Emittenten auch der Vermittler resp. Verkäufer a) Informationen hinzufügen können soll und mitverantwortlich als auch mithaftbar sein soll. Dieser Ansicht können wir uns nicht anschließend, wie weiter unten noch ausgeführt wird.

Auch in weiteren, kleineren Punkten vertreten die Berichterstatter und wir unterschiedliche Ansichten, wie aus einem Vergleich der Änderungsanträge ersichtlich ist.

Wir lassen uns bei unserer Position davon leiten, dass die anfänglich eingeführte Bezeichnung "Beipackzettel" eine gute Leitlinie auch für Anlageprodukte ist. Für jedes Medikament in der Apotheke, ob verschreibungspflichtig oder nicht, ob gegen Krebs oder Kopfschmerzen, muss es einen standardisierten Beipackzettel geben, der über Wirkung, Vorteile und Risiken aufklärt und Hinweise zur Verwendung gibt. Für uns scheint dies die richtige Herangehensweise auch bei Anlageprodukten. Deshalb beantragen wir die Streichung sämtlicher Ausnahmen.

Die Angaben in Beipackzetteln müssen klar, einfach in der Sprache und abschließend sein. Dies erscheint uns auch hier sinnvoll. Niemand würde es richtig finden, wenn zum Beispiel der Apotheker noch Zusatzinformationen nach Gusto in den Beipackzettel aufnehmen würde. Deswegen glauben wir auch bei Anlageprodukten, dass der Verkäufer resp. Vermittler zwar eine Verantwortung trägt, welches Produkt er den Verbraucher anbietet, allerdings sollte er keine weiteren Informationen hinzufügen dürfen, da dies ein Einfallstor für im Zusammenhang mit diesem Informationsblatt unerwünschte Werbung sein könnte.

Dass der Verkäufer resp. Vermittler dennoch eine Mitverantwortung trägt zeigt wiederum der Vergleich mit der Apotheke. Natürlich ist der Apotheker oder bei verschreibungspflichtigen Medikamenten der Arzt verantwortlich dafür, welches Medikament am besten für den Verbraucher geeignet und deswegen empfehlenswert ist. Diese Information findet sich nur generalisiert im Beipackzettel wieder, die letzte Entscheidung trifft der Apotheker. Diese Verantwortlichkeitsteilung ist auch bei Anlageprodukten angebracht. Diese ist jedoch - ähnlich dem Beipackzettel - nicht in den Vorschriften für das Basisinformationsblatt sondern in gesonderten Beratungsnormen, wie sie heute schon sowohl auf EU-Ebene (MiFiD, UCITS) als auch in den Mitgliedsstaaten (VermAnlGEG) üblich sind, besser aufgehoben.

Auch wichtig für uns ist, dass die Beweislast bei evtl. Haftungsfragen für Schäden, die aus falschen Angaben im Basisinformationsblatt entstehen, beim Emittenten liegt. Denn es ist für den Kleinanleger in der Regel nicht möglich nachzuweisen, wodurch der Schaden entstanden ist. Demnach muss der Emittent zumindest nachweisen, dass seine Angaben zum Anlageprodukt den Anforderungen der Richtlinie entsprechend richtig waren und die Ursache für den Schaden nicht im Basisinformationsblatt zu suchen ist.

Unsere vollständigen Änderungsanträge haben wir hier für Euch zum Download bereitgestellt, ebenso die Stellungnahme der Arbeiterkammer Österreichs und des Deutschen Anwaltsvereins DAV.