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08.03.2016

"Keinerlei Verbesserungen"

Thomas Händel (Die LINKE) ist unzufrieden mit dem Entwurf der EU-Kommission zur Entsendung von Arbeitnehmern

MdEP Thomas Händel, DIE LINKE.: Keinerlei Verbesserungen bei der Entsenderichtlinie

Die Europäische Kommission wollte die Bedingungen für Arbeitnehmer verbessern, die in anderen Mitgliedsstaaten arbeiten. Thomas Händel (Die LINKE), Vorsitzender des Ausschusses für Beschäftigung und Soziale Angelegenheiten, bilanziert: "In einem bis heute Nachmittag vorliegenden Entwurf hierzu sind keinerlei Verbesserungen zu erkennen."

Die Zahl der innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten entsandten Arbeitnehmer ist in den vergangen drei Jahren von einer Million auf 1,9 Millionen gestiegen. Die Gefahr des Missbrauchs ebenso – entsandte Dienstleister arbeiten oft zu schlechteren Bedingungen als ortsansässige. Um solchem Missbrauch vorzubeugen, kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Herbst 2014 an, das Prinzip ,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort' gesetzlich verankern zu wollen. "Das wäre dann ein Fortschritt, wenn es generell vom ersten Tag der Entsendung an gelten würde. Dann wären sowohl Lohnkonkurrenz als auch Wettbewerbsverzerrungen weitgehend unterbunden", so Händel.

Der Kommissions-Entwurf sieht folgendes vor:

1. Entsandte Arbeitnehmer sollen dann erst ortsansässigen Arbeitnehmern völlig gleichgestellt werden, wenn sie 24 Monate lang in einem Mitgliedsstaat arbeiten. Aber 90 Prozent der entsandten Arbeitnehmer arbeiten kürzer als 24 Monate in einem Mitgliedsstaat. Das lädt die europäischen Arbeitgeber gerade dazu ein, eine Entlohnung entsandter Arbeitnehmer unterhalb des ortsüblichen Lohn- bzw. Tarifniveaus zu forcieren.

2. Selbst nach 24 Monaten sollen nur gesetzliche Mindestlöhne bzw. allgemein verbindliche Tarifverträge, nicht jedoch die übergroße Mehrzahl der Tarifverträge gelten.

3. Ein großes Problem ist die Frage der Haftung von Auftragsnehmern. Thomas Händel: "Wir haben stets dafür plädiert, dass die General-Unternehmer-Haftung verbindlich als gesetzliche Regelung eingeführt wird. Damit würde verhindert, dass bei der Vergabe von Aufträgen an diverse Subunternehmen Dumpinglöhne bezahlt werden, von denen niemand leben kann."

4. Um gänzlich jegliche Regelung zu umgehen, werden mittlerweile Arbeitnehmer als Scheinselbständige entsandt. "Auch dieses Problem löst der Entwurf nicht."

5. und 6. Punkt: Der Entwurf löst weder die missbräuchliche Verwendung von Leiharbeitern noch die Möglichkeit wirkungsvoller Kontrollen durch Arbeitsplatzinspektionen. Die Gaststaaten müssen rechtzeitig über die Entsendung von Arbeitnehmern informiert werden, um kontrollieren zu können.

Fraglich bleibt, wie ernst die Kommission den sozialen Dialog nimmt, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber zu diesem Punkt zwar schriftlich befragt werden, aber keine wirkliche Konsultation stattfindet. "Das widerspricht den Prinzipien des sozialen Dialogs", so Händel.

Nach Protesten aus dem Europäischen Parlament und aus der Bevölkerung, hat sich die Europäische Kommission nun scheinbar dazu durchgerungen, ihren Entwurf abzuändern. Händel: "Ich bin sehr gespannt, wie diese Änderungen aussehen werden." Am heutigen Dienstagabend soll der aktualisierte Entwurf dem Parlament in Straßburg vorgestellt werden.