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10.03.2016, Velten Schäfer (Neues Deutschland)

Presseschau: Das Straßburger Schießen

Die Reform der Entsenderichtlinie ist ein Lehrstück des Neoliberalismus in der EU

Intransparenz, Etikettenschwindel und Überrumpelungstaktik: Wie die EU-Bürokratie soziale Anliegen ausbremst.

Von Velten Schäfer

(Auszug) Als Jean-Claude Juncker 2014 EU-Kommissionspräsident wurde, stand er unter Druck. Gerade war die Lux-Leaks-Affäre aufgekommen und die Frage stand im Raum, ob der langjährige Regierungschef eines Kleinstaates, der seine Nachbarn durch gewitzte Steuerkonstruktionen um Abermilliarden gebracht hatte, der richtige Mann sei. Teil seiner folgenden Charmeoffensive war eine Ankündigung, die Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Linke überraschte: Er werde sich für das Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort« einsetzen, also dem Lohndumping entgegentreten, das mit der grenzüberschreitenden Wirtschaft verbunden ist, solange Wettbewerber aus relativen Billigländern nicht klar an die Bedingungen am Erbringungsort gebunden sind.

Dann war nichts mehr zu hören – bis vor wenigen Tagen, als sich die Parteigänger eines sozialeren Europa erneut überrascht sahen: Aus der Verbesserung der einschlägigen Entsenderichtlinie war in den Mühlen von Lobbyismus und Bürokratie eine Verschlechterung (…)

Quelle: neues deutschland, Bundesausgabe, 10. März 2016