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16.01.2013, Thomas Händel

Mit der falschen Medizin in höherer Dosis werden wir nicht aus der Krise herauskommen

Rede im Plenum zum Bericht "Öffentliche Finanzen in der EU 2011/ 2012"

Thomas Händel, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu vielen anderen habe ich diesen Bericht gelesen und ich stelle fest, er negiert so viele Realitäten, wie ich es selten in diesem Parlament erlebt habe.

Das Positive zuerst: Der Berichterstatter hat Recht, Steuerhinterziehung und Betrug gehören bekämpft. Er hat auch Recht, zweifellos müssen makroökonomische Ungleichgewichte ausgeglichen werden. Aber so quasi nebenbei kommt ihm der Verdacht, ich zitiere: „dass unverhältnismäßig großes Gewicht auf die Kürzung der Löhne, der sozialen Sicherheit und der Renten gelegt worden ist“.

Er negiert allerdings völlig die IWF-Kritik aktuell zur Sparpolitik, ich zitiere: „die Prognostiker haben den Anstieg der Arbeitslosigkeit und den Rückgang der Binnennachfrage infolge der Haushaltskonsolidierung signifikant unterschätzt.“ Er negiert auch, dass der Steuersenkungswettlauf in der Europäischen Union ein Einnahmenproblem und kein Ausgabenproblem produziert hat. Er negiert weiter, dass die Spekulation der Finanzmärkte dazu geführt hat, dass sich die Schuldensituation der Staaten drastisch verschärft hat.

Mit der falschen Medizin in höherer Dosis werden wir nicht aus dieser Situation herauskommen. Nötig wäre erstens die Erhöhung der Einnahmenbasis, unter anderem auch der Steuern für Großverdiener und Reiche, zweitens die solidarische Unterstützung der Mitgliedstaaten mit Schwierigkeiten, nicht deren Demütigung, drittens der Schutz der Mitgliedstaaten vor der Gewalt der so genannten Finanzmärkte, viertens Investitionen in neue, gute Arbeit für die Menschen und damit dann auch in Wachstum, fünftens die Verhinderung der Altersarmut anstatt ein Hochsetzen des Renteneintrittsalters, und sechstens muss endlich anerkannt werden, dass die Staatsquote auch Ausdruck von gesellschaftlichen, allgemeinen Aufgaben ist, die bewältigt werden müssen. All das erwähnt dieser Bericht nicht, und damit verdient er eine klare Ablehnung.

Ich sage ganz deutlich: Mit solchen Berichten gefährden wir die Glaubwürdigkeit der EU-Ziele soziale Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse!