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24.01.2013, Delphine Pommier

Hintergrund: Patientenschutz verbessert - Zugang zur Krankenpflege bleibt offen

Neue EU-Richtlinie zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments hat eine sogenannte Berufsqualifikationsrichtlinie beschlossen. Wir konnten verhindern, dass die Zugangsvoraussetzungen zur verschiedenen Pflegeausbildungen von 10 auf 12 Jahre allgemeine Schulbildung angehoben werden. Das hätte jährlich rund 50.000 Schülern in Deutschland den möglichen Zugang zu einer Krankenpflegeausbildung verwehrt, und 45 Prozent der heutigen Auszubildenden in der Gesundheits- und Krankenpflege wären von der Ausbildung ausgeschlossen.

Der Binnenmarktausschuss macht allerdings Vorschläge für eine Verbesserung der Qualifikationsstandards. Das ist grundsätzlich richtig, darf aber nicht zu einer Schwächung der dualen Berufsabschlüsse führen. Der Binnenmarktausschuss hat leider Änderungsanträge zur Stärkung der dualen Ausbildung abgelehnt.

Zum Hintergrund: Wer in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten will, muß die Anforderungen erfüllen, die dort an seine Berufsqualifikation gestellt werden. Die Mitgliedstaaten erkennen Berufsabschlüsse gegenseitig an, wenn sie zur Ausübung eines Berufes berechtigen und die Ausbildung nicht wesentlich anders verläuft als im Gastland.

Die Regelung und Organisation der schulischen und beruflichen Ausbildung ist aber ausschließlich Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Die EU kann keine Harmonisierung der Ausbildungssysteme herbeiführen; dafür hat sie keine Gesetzgebungskompetenz. Um aber die Anerkennung von Diplomen in und aus anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern, hatte die europäische Ebene bereits in den 70er Jahren Richtlinien für einzelne Berufe erlassen. Sie regeln die Anerkennung von Berufsabschlüssen vor allem im medizinischen Bereich, so bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Krankenschwestern und -pflegerinnen, Hebammen, Apothekern, aber auch bei Architekten.

Mit dem neuen Vorstoß will die Kommission die Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen weiterentwickeln und entsprechende Hindernisse beseitigen. Eine diesbezügliche Richtlinie wurde bereits 2005 beschlossen, jedoch in vielen Mitgliedstaaten nicht oder nur teilweise umgesetzt. Nun soll ein Ausgleich zwischen der Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen und dem Schutz und der Sicherheit der Verbraucher, insbesondere von PatientInnen im Gesundheits- und Pflegebereich entstehen. Ziel ist es, eine hochqualifizierte und möglichst vergleichbare Ausbildung zu gewährleisten.

Dieses Vorhaben hat unsere volle Unterstützung, wenn die Rechte von ArbeitnehmerInnen dabei gewahrt werden. Insbesondere darf die stärkere Rolle, die der EU-Kommission zukünftig bei der Definition von Ausbildungsinhalten zukommen soll, nicht zur Absenkung der Qualität der Ausbildungsstandards führen. Die deutsche duale Berufsausbildung habe sich bewährt und ist europaweit anerkannt dafür, Fachkräfte auf hohem theoretischem und praktischem Niveau auszubilden. Auch ein befürchteter Fachkräftemangel darf nicht dazu führen, Ausbildungsstandards abzusenken. Gute Patientenversorgung und -sicherheit erfordert mehr, nicht weniger Qualifikation und eine deutlich bessere Bezahlung.

Die Abgeordneten des Binnenmarktausschusses haben darüber hinaus einen sogenannten Vorwarnmechanismus für Gesundheitsberufe eingefügt, wenn einer Fachkraft die Ausübung einer Tätigkeit von einer zuständigen Behörde untersagt wurde. Erst kürzlich wurde bekannt, dass einem Arzt aus Holland ohne Approbation in Deutschland jahrelang weiter praktizieren konnte. Ein solcher Vorfall soll in Zukunft vermieden werden.

Dazu wurde ein neuer europäischer Berufsausweis von den Abgeordneten beschlossen. Dieses freiwillige Instrument soll die Mobilität der Beschäftigten erleichtern, mit einem einfachen und zügigen Verfahren. Um die Sicherheit der PatientInnen und VerbraucherInnen zu gewährleisten sind eine strengere Prüfung von Sprachkenntnissen und kontinuierliche Weiterbildungsverpflichtung vorgesehen. Denn: Die Patienten und Verbraucher müssen geschützt werden. Deshalb ist hier mehr Europa im Sinne der Patienten und Verbraucher notwendig.